Kurzurlaub in Ulaanbaatar


Als wir in die mongolische Hauptstadt einfuhren, war es leider sehr matschig, verregnet und trüb, aber das änderte nichts an unserer Euphorie, mit der wir der Ziellinie entgegenfieberten. Bis zum offiziellen Ziel war es eigentlich nicht weit, aber dank sehr, sehr ungeduldiger Autofahrer, Stau und pfeifenden Verkehrspolizisten brauchten wir anderthalb Stunden bis dahin. Auf dem Weg dahin musste ich sogar nochmal die Speicherkarte der Kamera auf dem Autodach wechseln, damit wir die „spektakuläre“ Siegesfahrt auf der endlos langen Peace Avenue aufzeichnen konnten. Naja spektakulär war sie überhaupt nicht. Nicht nur, dass wir von den anderen Verkehrsteilnehmern zeitweise etwas entnervt waren, sondern auch, weil wir erst nach 8 an dem Hotel mit der aufgebauten Ziellinie eintrafen. Um die Zeit empfing uns keiner mehr mit einer Laola. Nur Joolz, einer der Veranstalter, begrüßte uns müde hinter dem Mongol Rally Tresen und wir verewigten uns in der Siegerliste als die Nummer 56! Es waren ja noch so viele Plätze frei…. Wir hatten es nun wirklich geschafft! Zur Feier des Tages wollten wir uns ein richtig schickes Hotel gönnen. Leider übertrafen dann die meisten doch unsere Budget, 240€ pro Nacht??? Letztendlich landeten wir nach einigem Suchen in einem recht guten Hotel für ein fünftel des Preises. Wir waren vollkommen zufrieden und nachdem wir unser Auto sicher geparkt, die Kruste beim ersten Duschen nach fünf Tagen abgespült und alle Knöpfe an der Chinesischen Toilette ausprobiert hatten (Ergebnis war eine Flutung des Badfußbodens), kehrten wir auf die andere Straßenseite in ein Restaurant ein. Die Speisekarte hielt so viele leckere Sachen für uns bereit und wir entschieden uns für ne Pizza und Curryhuhn. Meine Augen liebäugelten auch schon mit einem Nachtisch, der dann aber leider ausbleiben musste: Unsere mangelhafte Ernährung in letzter Zeit verkleinerte unsere Mägen so sehr, dass wir beim besten Willen nicht mehr als die Hälfte der Gerichte in unseren Mägen verstauen konnten. Den Rest ließen wir uns einpacken und so kehrten wir zurück in unsere Halbluxus-Unterkunft mit Ausblick auf eine zweite und dritte Runde Duschen (weniger reichte kaum, da Marcs Handtuch auch nach dem zweiten Duschdurchlauf beim Abtrocknen dreckig wurde) und ein gemütliches Bett!

Am nächsten Tag wollten wir den kleinen Twingo doch noch ein letztes Mal herausfordern. Ziel war die Statue von Dschinggis Khan. Dabei handelt es sich mit seinen 30m Höhe um das größte Reiterstandbild der Welt. Diese befand sich allerdings etwas außerhalb der Hauptstadt, genauer gesagt etwa 50 km, weshalb wir durch einen ziemlich düsteren Teil Ulaanbaatars fahren mussten. Die Straßen wurden wieder löchrig und die Gegend wieder ländlicher. Nach einem kurzen Stück perfekte Straße machte sich schnell wieder Ernüchterung breit: Eine Baustelle verwandelte den makellosen Asphalt in eine Offroadpiste vom Feinsten. das konnte unseren Twingo nun aber wirklich nicht mehr aufhalten! Nachdem wir schließlich über eine Kraterlandschaft gehoppelt waren, kam die Statue in Sichtweite. Dafür hatte es sich tatsächlich gelohnt, noch einmal solch eine Fahrt in Kauf zu nehmen. Der große Metall-Mongole stand mächtig und beeindruckend vor uns, was uns gleich zu einem kleinen Fotoshooting mit Twingo und der LVZ Postbox verleitete. Dann liefen wir noch eine Runde um unser Fotomodell, aßen die Essens-Rester vom Vorabend und fuhren zurück in die nach Ulaanbaatar. Geplant war außerdem ein Zwischenstopp an einem mongolischen Kloster. Laut Google Maps sollte es eine gute Straße dahin führen, unsere analoge Karte behauptete das Gegenteil. Letztendlich behielt letztere Recht und wir gaben uns geschlagen. Auf dem Rückweg zum Stadtzentrum trafen wir noch Team Bonné+Jan die gerade mit Jans Familie auf dem Weg zur Dshinggis Khan Statue waren – was für ein Zufall :) In Ulaanbaatar angekommen, ging es als erstes nochmal zur Ziellinie. Am Vorabend war’s ja leider sehr still dort und für das Siegerfoto fehlte das Tageslicht. Diesmal hatten wir mehr Glück und so fuhren wir bejubelt, nach einigen anderen gerade eintreffenden Teams, über die Ziellinie. Nach einem geschenkten Bier (+ nem köstlichen Caramel Latte) ging es zurück ins Hotel. Am Abend sollte die zweite der großen drei Mongol Rally Zielpartys stattfinden. Bis dahin hatten wir aber noch ein bisschen Zeit. Um dem Stress der nächsten Tage etwas entgegenzuwirken, fingen wir schon an, unsere Koffer aus- und umzupacken. Leider wurde so das Essen mal wieder nach hinten gestellt. Also machten wir uns mit leeren Mägen auf zur Party-Location. Zum Glück gab’s direkt neben dem Club ein Restaurant, indem wir aber leider viel zu viel Geld für viel zu gewöhnliches, bis zu schlechtes Essen blechen mussten. Immerhin meldete sich nun der Bauch nicht mehr. Auf der Party stellten wir freudig fest, das es fast alle Teams, mit denen wir im Laufe der Rallye gemeinsam unterwegs waren, nach Ulaanbaatar geschafft haben – Team Venture aus Schweden, Bonnè+Jan aus den Niederlanden, das Flitterwochen-Pärchen aus Kanada, die Rumänen (dank denen unsere Handy-Rechnung explodiert ist) und sogar die Jungs von Team BOS aus Schweden! Damit hatten wir nicht gerechten, da die Zeitpläne eigentlich ganz anders aussahen, umso größer und schöner war die Überraschung. Nach einer Showeinlage mit diversen mongolischen Tänzern und Sängern, drehten die Veranstalter die Musik viel zu laut auf, weshalb wir und nach draußen trollten. Wir quatschten leider viel zu wenig mit Pontus und Jonas von Team Venture, obwohl wir uns sicher viel zu erzählen hatten, umso mehr erfuhren wir neue wilde Geschichten der letzten Tage von Team BOS. Die Zeit verging extrem schnell. Wir wurden müde, es wurde kälter und die Gläser leerten sich, also verabschiedeten wir uns dann kurz nach 2 von den anderen. Das war’s nun, ein letztes großes Lebewohl von den anderen tollen Leuten, die wir kennengelernt hatten. Nur mit den drei BOS-Schweden verabredeten wir uns (mehr oder weniger unverbindlich) für den nächsten, und unseren letzten kompletten Tag in diesem Land.

Am nächsten Tag stand die Abgabe unseres Twingos und etwas Sightseeing in Ulaanbaatar auf dem Programm. Vorher sollte unser treuer Begleiter würdevoll verabschiedet und nochmal jede Schramme dokumentiert werden weshalb wir uns mal wieder durch den nervigen Stadt-Stau kämpften, um einen halbwegs grünen Platz mit schicker Berg-Kulisse ausfindig zu machen. Nachdem wir den Kofferraum ausgeräumt und einige Fotos und Videos gemacht hatten, standen plötzlich zwei Franzosen neben uns. Sie machten Urlaub in der Mongolei und hatten schon viele Mongol Rally Autos gesehen. Nun überhäuften sie uns mit Fragen und wir standen brav Rede und Antwort, man könnte uns schon fast als Missionare bezeichnen :). Im Gespräch erfuhren wir, dass die Frau bei einem sozialen Projekt der Vereinten Nationen arbeitet. So nutzten wir die Gelegenheit, unser übrig gebliebenes Essen und andere Dinge, die wir nun nicht mehr brauchten, an sie zu verschenken. So musste es nicht weggeschmissen werden, sondern wurde verschiedenen, passenden Hilfseinrichtungen gespendet. – Das versprach sie uns. Dann verabschiedeten wir uns wieder. Nach ein paar weiteren Fotos vom kleinen Twingo mussten wir uns nun der Tatsache ins Auge blicken, dass es Zeit für ein großes Lebewohl war. Die letzten Meter mit unserem Auto durch die Stadt waren schon ziemlich traurig. Immerhin haben wir in den letzten 5 Wochen soviel mit dem Kleinen erlebt. Und trotz ein paar Blessuren (7 Reifenwechsel, angeschlagene Stoßdämpfer, geplatzte Airbags, abgebrochener Seitenspiegel, Kabelbruch an der Benzinpumpe und löchriger Unterbodenschutz) blieb er uns so treu und brachte uns heile an die Ziellinie. An dieser standen wir nun wieder und gaben offiziell kund, dass wir unser Auto nun in die Hände der Veranstalter, bzw des Mechanikers, geben würden. Dafür mussten wir verschiedene Formulare ausfüllen. Den Jungs von AFDM (Die Organisation, die sich um den Verkauf der Autos und die Finanzierung der mongolischen Hilfsprojekte kümmerte) erklärten wir noch unseren Benzinpumpenschalter und die anderen kleinen Macken. Zusätzlich händigten wir noch unseren Schlüssel und die Fahrzeugschein aus (was sich aus derzeitiger Sicht, als großer Fehler herausstellte) und ließen unseren Twingo auf dem Parkplatz alleine zurück. Nun hieß es nicht mehr umdrehen, sonst hätten wir den Twingo sicher weinen sehen (oder uns?). Um uns abzulenken, schrieben wir im Hotelfoyer noch einige Postkarten, von denen es bisher leider noch keine nach Deutschland geschafft hat. – Die Entfernung Deutschland – Mongolei ist aber auch sehr hart :-).
Als wir das Hotel wieder verließen, war Twingos Parkplatz bereits leer…
Anschließend ging es in die Stadt. Mit einer City-Map bewaffnet wollten wir die schönsten Sehenswürdigkeiten besuchen. An sich ist Ulaanbaatar eine typische Sowjet-Stadt, also nicht sehr schön. Erwähnenswert war ein mongolisches Kloster und die protzigen Hochhäuser in der Stadtmitte. Ansonsten gibt es da noch das Parlament, auch ein schickes Gebäude. Nach dem Sightseeing liefen wir noch durch diverse Einkaufshäuser, auf der Suche nach einer großen Tasche: Da wir Platzprobleme mit unserem ganzen Gepäck hatten, brauchten wir noch mehr Verstauraum. Irgendwann fanden wir auch was brauchbares. Abends hatten lösten wir noch unsere Verabredung mit Jonas, Christian und Christoffer ein, mit denen wir gemeinsam in ein mongolisches Restaurant einkehrten. Nach dem gewöhnungsbedürftigen (für mich) und leckeren (für Marc) Essen mussten wir uns auch endgültig von den Jungs aus Schweden verabschieden, mit denen wir gemeinsam den Pamir Highway bezwungen hatten. So schmerzhaft war die Verabschiedung dann aber nicht, da wir für das nächste Jahr schon ein neues gemeinsamen Abenteuer planen ;) Zurück im Hotel mussten wir noch unsere Sachen zu Ende packen. Das wurde stressiger als uns lieb war, da wir schnell an die vorgegebenen Gewichtsgrenzen stießen. Wir verteilten unsere ganzen Dinge auf dem Zimmerboden und begannen auszusortieren und von einer Tasche in die nächste zu packen, sodass wir am Ende bei jedem Gepäckstück nur 2-3 Kilo Übergewicht hatten (insgesamt 7 zuviel). Wir entschieden uns, das zu riskieren und Notfalls am Flughafen draufzahlen zu müssen. Total müde vielen wir in die Betten und verbrachten unsere letzte, viel zu kurze Nacht in der Mongolei.

Am nächsten Morgen mussten wir sehr früh aufstehen, ich glaube es war um 5. Am Vortag hatten wir über unser Hotel ein Taxi reserviert, was uns zum Flughafen bringen sollte. Nachdem wir an der Rezeption den ungefähren Preis für die Fahrt erfragt hatten, stockten wir unser Bargeld nochmal um 20 Tögrög auf. Anschließend ging es über fast leere Straßen (die Uhrzeit macht es möglich) aus der Stadt. Nun kamen wir auch in den Genuss zu spüren, wie es esr, mit funktionierenden Stoßdämpfern über Schlaglöcher und Bodenwellen zu rauschen. Man merkt im Taxi selbst bei den tiefsten Löchern nichts… Als das Taxometer weit über 40 Dollar anzeigte, erreichten wir den Flughafen. Also doch teurer als gedacht, zum Glück hatten wir noch genau diesen Betrag in unserem Portemonnaie. Was solls, der Taxifahrer war ansonsten nett und wir waren froh, angekommen zu sein. Im Flughafen mussten wir unser Gate suchen und auf den Check-In-Start warten. Bei der Gepäckabgabe zeigte die Wage wirklich ein Übergewicht von 7kg an, aber niemanden interessierte es. Wieder einmal hatten wir uns zuviele Sorgen für nichts und wieder nichts gemacht. Bald platzierten wir uns in den fast neuen Flieger. Der Plan war es, in den 11 Stunden, die wir nun unterwegs waren, ein bisschen Schlaf nachzuholen. Da jeder Sitz allerdings über einen kleinen Bildschirmen mit aktuellen Filmen zur Auswahl verfügte, dachten wir garnicht mehr daran. Also verbachten wir die Zeit, neben unserem nervigen Zwischenstopp in Moskau, mit Essen und Filme gucken. Marc war vom Airbus beeindruckt, ich nur froh, bald wieder zu landen. In Berlin angekommen, empfingen uns Marcs Eltern und wir wurden auf langweilig-perfekten Straßen nach Leipzig chauffiert. (Kleine Straßenschäden waren irgendwie lächerlich nach unserer Reise :-D )
Als wir dann unsere Wohnung betraten, die Koffer entleert und die ersten Waschmaschinen ins schleudern gebracht hatten, überkam uns in erster Linie eine große Portion Müdigkeit, aber auch eine kleine Erleichterung und Freude, dieses grandiose Abenteuer gemeistert zu haben!

Damit enden unsere Mongol Rally Berichte. Wir hoffen, sie haben euch gefallen und wir konnten euch trotz (oder dank) der gewaltigen Textmenge besser an unserem Erlebten teilhaben lassen. Sicher werden wir später noch ein paar mehr Fotos posten. Vorbei schauen lohnt sich also auch weiterhin :-)

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