Nach unserem letzten Post vor der usbekischen Grenze, wird es mal wieder Zeit, von uns hören (lesen) zu lassen. Die letzten Kilometer Kasachstans bestanden aus sehr schlechten Straßen. Eigentlich sollte es an diesem Donnerstag noch an die Salzwüste des ehemaligen Aralsees gehen, aber die Grenzsoldaten machten uns einen Strich durch die Rechnung. Gegen 16:30 erreichten wir den Ausreise-Stützpunkt Kasachstans, dieser Teil verlief problemlos und die Soldaten waren sogar zu Scherzen mit uns aufgelegt. Ganz anders bei der Einreiseabwicklung nach Usbekistan. Brav stellten wir uns mit unseren Autos vor die geschlossenen Schranken im No-Mens-Land. Vor uns hatten sich auch schon viele andere Fahrzeuge angesammelt. Es war heiß, wir reihten uns in die Schlange ein, machten die Motoren aus und lehnten uns zurück. Nun hieß es Warten.
Neben den stehenden Autos waren jede Menge Soldaten „schwer” beschäftigt, indem sie irgendwelche Löcher in den Sand schaufelten – warum sie nicht erstmal die hundert Plastikflaschen um sich aufsammelten, blieb uns ein Rätsel. Ihre anstrengende Arbeit unterbrachen sie bald für ein Fotoshooting mit uns: Erst traute sich einer von ihnen, dann kamen plötzlich alle und wir grinsten in diverse Handys. Bald wurden die Soldaten zurück in die Kaserne geschickt und wir mussten weiter in der Hitze braten – die Schlange vor uns schien sich nicht verkürzen zu wollen. Nach einigen Stunden versprach uns ein usbekischer Grenzsoldat die Mongol Rally Autos vorlassen. Dann begann das typische Grenztheater: Erst ein zweiseitiges Formular in doppelter Ausführung ausfüllen, dann anstellen, Dokument zeigen, zu einem neuen Schalter geschickt werden, merken, dass man doch falsch steht, Visa vorzeigen und Stempel abholen, Autopapiere kopieren lassen, wieder zu Schalter B flitzen, dem übermüdeten Soldaten seine Personalien bestätigen, wieder zum Schalter A, Stempel abholen, Auto vorfahren, halbes Gepäck ausladen und dann endlich über die Grenze fahren… Nach sage und schreibe 8 Stunden hatten wir es geschafft: Wir waren in Usbekistan. Während der Warterei drang die Information zu uns durch, dass es an einem Grenzposten zwischen Usbekistan und Turkmenistan zu einem Schusswechsel gekommen war, sodass die Ein- und Ausreisen in diese Länder sich ungemein hinzog. Halb 1 fuhren wir nun mit insgesamt sechs Autos (zwei weitere Abenteurer hatten sich uns angeschlossen) und suchten im Stockdunkeln einen Schlafplatz. Diesen fanden wir wieder querfeldein in der usbekischen Steppe.
Diese nächtliche Holperfahrt brachte uns ein Loch im rechten Vorderreifen ein (die Radkappe verabschiedete sich schon auf dem Weg zum Schlafplatz). Unser Kompressor wollte natürlich nicht so richtig funktionieren, aber mit Teamwork war das Loch bald gefunden und repariert. Wir verabschiedeten uns von den beiden anderen Abenteurergruppen, die wir am Vorabend kennengelernt hatten, denn sie hatten andere Tagesziele. Für uns sollte es nach Nukus gehen. Die sehr schlechten Straßen führten und durch die heiße, trockene Landschaft der Karakum Wüste. Team Venture verlor durch die unzähligen Schlaglöcher den halben Unterbodenschutz an einem ihrer Skodas. Nachdem eine provisorische Auffahrrampe gebaut war, konnten die Jungs unter das Auto krabbeln und den Unterbodenschutz neu verschrauben bzw verkleben. Auch bei uns hatte sich eine Plastikverkleidung unter dem Motor gelöst und wurde nun fachmännisch von Marc mit Kabelbinder fixiert.
Das nächste Problem war der Mangel an Tankstellen seit der Grenzpassierung. Das Benzin wurde bei allen vier Autos langsam knapp und wir hofften in der nächsten Stadt auf Nachschub. Bald tauchte ein Schild mit den Zeichen für Tankstelle, Essen und WiFi (Internet) auf und wir peilten dieses Ziel sofort an. Leider gab es kein Benzin, aber das Essen und vor allem die erste Dusche nach drei Tagen UND das WiFi waren fantastisch! Am frühen Abend sollte es weiter in die nächste große Stadt gehen. Die Stadt Nukus würden wir an diesem Tag nicht mehr erreichen, da wir uns ziemlich viel Zeit für Essen / Duschen und Internetsurfen genommen hatten.
Zu unserem Ärger gab es in dem Ort Qongirath nur eine Tankstelle mit Propan Gas, welches wahrscheinlich in Usbekistan vorwiegend genutzt wird, und ein paar kleine Tankstellen mit 80-Oktan-Benzin. Weit würden die Rallyeautos mit ihrer Tankladung nicht mehr kommen, deshalb entschlossen wir uns nur noch ein Auto auf die Suche nach Benzin zu schicken. Alle anderen warteten. Natürlich erregten unsere bunt beklebten Fahrzeuge wieder sehr schnell große Aufmerksamkeit bei den Vorbeifahrenden und -laufenden und es dauerte nicht lange, bis wir wieder umgeben waren von vielen neugierigen Usbeken. Bisher waren alle Leute, die wir auf unserer Reise getroffen hatten, sehr nett. Besonders seit wir in Asien sind, wird uns von allen Seiten gewunken und vorbeifahrende Autos hupen. Sobald wir einen Zwischenstopp einlegen, stehen sofort Leute um uns und wollen alles über unser Abenteuer wissen. Das ist anfangs ziemlich lustig, aber schnell werden es zu viele Interessierte und wenn es uns zu anstrengend wird, ergreifen wir normalerweise gekonnt die Flucht. In diesem Moment ging es leider nicht, da wir noch auf das fehlende Auto warten mussten. Also klebten die besonders Neugierigen bald mit ihren Nasen an den Autoscheiben, andere versuchen uns aufdringlich ihr Café oder Hotel aufzuschwatzen und wieder andere wären am liebsten mit dem Twingo eine Runde gefahren…. Man sollte in solchen Situationen sehr auf sein Zeug aufpassen und darauf achten, dass die Autotüren verschlossen sind. Einige wollten uns zwar auch bei unserem Benzinproblem helfen, aber es ist nicht leicht verständlich zu machen, dass unsere Autos kein Oktan 80 vertragen. Irgendwann kamen die ersten Schwarzmarktangebote zu sehr hohen Preisen für immerhin 91-er Benzin. Zu allem Überfluss überraschte uns auch noch ein Sandsturm, der aber zum Glück nach kurzer Zeit wieder vorbei war. Als dann das fehlende Auto ohne gute Nachrichten zurück kam und wir einsehen mussten, dass wir mit unserem aktuellen Stand der Dinge nicht weiter kamen, kehrten wir in das knapp 20km entfernte Café zurück. Der Besitzer der Lokalität war bei unserem ersten Besuch schon unglaublich zuvorkommend und freundlich gewesen. Außerdem erzählte er Marc und mir, dass sein Sohn derzeit in Leipzig studiere.
Über eine Übersetzungssoftware klärten wir ihn über unser Benzinproblem auf und er versprach, uns am nächsten Tag zu helfen. Als Übernachtungsmöglichkeit nutzten wir die, für zentralasien typischen Teebetten. Diese stehen im Freien, was für uns eine sehr willkommene Art des Schlafens bei diesen Temperaturen war.
Bevor es ins Bett ging, gab es noch eine Runde kühles Bier und manch einer gönnte sich noch eine Suppe. Außerdem wurde uns der Herstellungsprozess der großen runden Brote gezeigt, die man hier bei jeder Gelegenheit als Essens- oder Teebeilage angeboten bekommt.
In dieser Nacht hatten wir sehr gut geschlafen und wir starteten den neuen Tag mit Pancakes, Ei und Tee.
Für unser versprochenes Benzin, ging es wieder zurück in den naheliegenden Ort, welchen wir vom Vorabend weniger gut in Erinnerung hatten. Der Café-Besitzer führte unseren Konvoi in einen Hinterhof, wo wir unsere durstigen Rallye-Autos inklusive der Kanister mit „gutem“ 91-er Benzin füllen konnten. Leider war es unmöglich, besseres Benzin in Usbekistan zu bekommen. Also ließen wir uns auf das minderwertige Benzin ein, dass die Leute in unzähligen ausgedienten Saftflaschen und anderen Plastikkanistern hervorzauberten. Uns blieb auch nichts anderes übrig.
Dann konnten wir endlich weiter fahren. Bereits am Vormittag beschlossen wir, möglichst ohne große Umwege aus der Benzinfreien Zone zu kommen. Also mussten wir noch am selben Tag das ca. 500km entfernte Bukhara erreichen. Leider fiel dafür der Besuch des ausgetrockneten Aral Sees und der schönen Stadt Khiva aus. Auf unserer Fahrt wurden wir noch in einem kleinen Dorf von einer netten Familie spontan zum Tee eingeladen, nachdem Team Venture dem Kleinsten ein Skateboard geschenkt hatte. Während der etwa 13 jährige Junge und dessen Papa mit ständig wachsamen Auge aufpassten, dass unsere Teeschalen gefüllt blieben, redeten wir über Religion, unsere Reiseroute und Fußball. Es war sogar ein bisschen schade, als wir uns von den netten Gastgebern verabschiedeten, um unsere Fahrt fortzusetzen.
Die Straßen blieben eine Weile echt super, aber so bald es dunkel wurde, tat sich wieder die gefürchtete Kraterlandschaft vor uns auf. Die ständigen Ausweichmanöver kosteten uns natürlich wieder jede Menge Zeit und so trafen wir erst nach Mitternacht in Bukhara ein. Nachdem wir unser Hotel gefunden hatten, bezogen wir die Zimmer. Da das mit der Buchung vom Vormittag nicht so geklappt hatte, teilten wir uns ein Vierbettzimmer mit den Holländern. Wahrscheinlich war das auch garnicht so schlecht, da es in den muslimischen Ländern nicht gern gesehen wird, wenn sich ein unverheiratetes Pärchen ein Zimmer teilt. Auch hier wurden wir wieder herzlich empfangen. Besonders die Männer legen bei jeder Gelegenheit ihre Hand auf‘s Herz teilweise verbunden mit einer leichten Verbeugung.
Wir freuten uns über die erfrischende Dusche, hängten unsere Kameraakkus und Mobiltelefone an die Steckdosen und schliefen ein.
Am nächsten Morgen gab es Frühstück aus Kartoffelbrei, Früchten, Reis und Tee. Währenddessen besprachen wir mit den anderen Teams die Zeitpläne und entschieden uns, von hier aus erst mal wieder alleine weiterzureisen. Im Gegensatz zu den anderen wollten wir und noch ein bisschen was von Bukhara angucken. Deshalb mussten wir uns nun vor dem Hotel von Team Venture und Team Bonné+Jan verabschieden. Nach diesem recht traurigen Moment, wir waren ja immerhin eine ganze Weile zusammen gereist und hatten viel gemeinsam erlebt, liefen Marc und ich noch ein bisschen durch Bukharas Altstadt.
Dafür brauchten garnicht lange, weil diese bereits gleich vor der Hotel-Haustür lag. Nach unserer kurzen Runde über einen belebten Platz mit einem Teich in der Mitte und schönen orientalischen Gebäuden, kehrten wir zum Auto zurück. Von Weiten sahen wir die anderen Teams gerade erst aufbrechen. Wir gaben also ein bisschen Gas und tatsächlich trafen wir sie an der nächsten großen Tankstelle Stadtauswärts wieder. Also schlossen wir uns zumindest für die Fahrt nach Samarqand wieder zusammen.
Besagte Stadt erreichten wir bereits am frühen Nachmittag, sodass wir Zeit hatten, über den Bazaar zu laufen und uns die beeindruckenden Bauwerke mit ihren blauen, runden Mosaik-Dächern anzusehen. Wobei es bei Marc und mir wieder ein bisschen stressig wurde, da wir nochmal zurück zum Auto rennen und das vergessene Geld holen mussten. Mit den gefüllten Portemonnaies setzten wir uns für ein paar Minuten mit den 6 anderen in ein Café und löschten unseren Durst mit einer großen Flasche kalter Fanta! Es war einfach FANTAstisch!!!
Danach verabschiedeten wir uns endgültig von den Schweden und Niederländern.
Für uns ging es nochmal zum Registan, der wichtigsten Sehenswürdigkeit in Samarqand neben der Bibi-Khanym-Moschee. Anschließend suchten wir uns eine Bleibe für die Nacht. Nach drei Anläufen fanden wir uns bei einem Hostel wieder, auf das wir schon beim Vorübergehen aufmerksam geworden waren.
Am dessen Eingang klebten bereits Mongol Rallye Sticker der letzten Jahre. Da im Haupthaus keine Zimmer mehr frei waren, wurden wir zum neuen Gästehaus geleitet. Dafür mussten wir unseren Twingo durch sehr enge Gassen manövrieren.
Der sich als Mongol Rally Fan geoutete Gastgeber bot uns Tee, saftig kühle Wassermelone und Süßigkeiten an, die wir auf dem großen überdachten Balkon genossen. Währenddessen konnten wir nochmal einen Blick über das märchenhafte Samarqand schweifen lassen.
Am nächsten Tag stand die Einreise nach Tajikistan auf dem Plan. Damit besiegelten wir den Beschluss, doch den Pamir-Highway in Angriff zu nehmen. Diesen haben wir mittlerweile auch schon wieder hinter uns gelassen… Doch dazu lest ihr mehr im nächsten Blog. Leider kann ich noch nicht sagen, wann dieser fertig sein wird, da ich seltener als gedacht zum Schreiben komme. Auch als Beifahrer muss man sich auf die Straße konzentrieren, da hier nicht nur irre Autofahrer unterwegs sind, sondern einem auch tückische Schlaglöcher und andere Hindernisse auflauern. Auch für eingeschlichene Tipp- / Schreibfehler muss ich mich entschuldigen, aber auch für mehrmaliges Korrekturlesen fehlt die Zeit Wir freuen uns aber über das große Interesse an unseren Berichterstattungen und hoffen, dass ihr uns trotz der Wartezeiten treu bleibt.
Auf unserer Fahrt durch Usbekistan begleitete uns übrigens das wirklich unterhaltsame Hörbuch von Rita Falk mit dem Titel „Winterkartoffelknödel“. Wir freuen uns schon auf die Fortsetzung des ersten Teils einer vielversprechenden niederbayerischen Krimiserie. Die muss aber erstmal warten, da wir derzeit der ersten spannenden Geschichte von FBI-Agentin Smokey Barrett lauschen. Auf langen Fahrten, bei denen nicht unsere gesamte Aufmerksamkeit den löchrigen Straßen gilt, freuen wir uns über die abwechslungsreiche Hörbuch-Ausstattung. Danke nochmal an Audible für dieses Geschenk!