Recht früh machten wir uns am nächsten Tag wieder auf die Socken. Wir mussten uns sputen, immerhin hatten wir uns mit der Entscheidung vom Vortag, als wir uns von den anderen drei Teams getrennt hatten, 1.000 Kilometer mehr aufgehalst. Schnurstracks ging es also nach Novosibirsk. Von dieser Stadt versprachen wir uns nicht viel, da uns auch schon Wolgograd nicht wirklich gefallen hatte. Also hielten wir uns dort gar nicht länger auf, sondern kümmerten uns lieber um einen Weg wieder raus aus der Stadt. Drei weitere Stunden brauchten wir bis nach Kemerovo, dem letzten Eckchen, das auf unserer Mongolei-Karte noch eingezeichnet war. Von da an mussten wir ohne Kartenmaterial zurecht kommen, da wir im Vorfeld nicht damit gerechnet hatten, an der ersehnten Mongolei vorbeizufahren.
Das Tagesziel sollte Krasnojarsk sein. Zu unserem Pech konnten wir diesen Ort auf den Straßenschildern nicht finden. Also betrieben wir Fern-Navigation, indem wir uns von Marcs Schwester über’s Telefon die wichtigsten Städte und Städtchen zwischen unserem Standpunkt und Irkutst (weit nach Krasnojarsk) durchgeben ließen.
Die Autofahrt war anstrengend und lang, führte uns aber durch schöne Landschaft: Die anfangs guten Straßen, welche zeitweise von Baustellen unterbrochen wurden und sich in gruslige Stein- & Sandpisten verwandelten, führten uns durch die Wiesen & Wälder Sibiriens. Erst gegen 11 Uhr abends erreichten wir Krasnojarsk. Wir fuhren noch ein Stückchen weiter und stellten uns letztendlich mit dem Twingo auf einen Truck-Parkplatz ab. Wir knipsten unseren Benzinpumpen-Schalter aus und brachten uns auf Fahrer- und Beifahrersitz in Position, um wenigstens für ein paar Stunden die Augen zuzumachen. Wie man sich denken kann, war diese Nacht nicht die erholsamste…
Es lagen noch viele Kilometer bis zur mongolischen Grenze vor uns, die wir eigentlich bis zum Ende dieses Tages geschafft haben wollten. Schon am Vorabend wurde uns aber klar, dass wir das selbst mit unserem straff durchgezogenen Fahr-Programm und reduziertem Schlaf nicht schaffen würden. Das bereitete vor allem Marc einige Sorgen, da wir bei der Einreise nach Russland auf so ein kleines Zettelchen eingetragen hatten, wir würden bis zum 12.08. wieder ausreisen. Natürlich besaßen wir noch das eigentliche Visum in unseren Reisepässen, welches sogar bis zum 19.08. gültig war. Trotzdem wussten wir nicht, wie wichtig dieses bürokratische Beiwerk im A7 Format für die Grenzwärter sein würde – also beeilten wir uns. Nicht dass wir uns noch mit Gefängnis und jahrelangem Einreiseverbot rumschlagen mussten was die übliche Vorgehensweise bei Überschreitung des russischen Visums ist…
Aus diesem Grund klingelte uns der Wecker nach einer viel zu kurzen Nacht um 5 aus dem „Bett“ und wir entknoteten unsere Arme und Beine aus einer unbequemen Schlafposition. Dann wollten wir los, aber unser Schalter zur Benzinpumpe war offensichtlich noch nicht in der Stimmung. Mehrere Male versuchten wir den Motor zu starten, aber nach einem kläglichen Stottern ging er immer wieder aus. Ein bisschen Panik verbreitete sich schon, da unsere Autobatterie die vielen Fehlstarts nicht lange mitmachen würde. Also baute Marc den Schalter aus und stellte einen direkten Kontakt zwischen den beiden Kabelenden her. Ein monotones Brummen war zu hören und wir konnten endlich starten. Eigentlich sollte ich fahren, damit sich Marc von seiner langen Fahrt vom Vortag noch etwas ausruhen konnte, aber nun waren wir beide hellwach. Also übernahm er vorerst das Steuer und wir rollten, eine dreiviertel Stunde später als geplant, in den Sonnenaufgang. Später bauten wir den Schalter wieder zwischen Pumpe und Batterie. Nun wussten wir, dass es dem 40 Jahre alten Bauteil einfach zu kalt gewesen war und wir ihn nun bei jedem frühem Start etwas mit der Hand aufwärmen und ihm gut zusprechen mussten… Das beruhigte ungemein…
Als die Sonne fast vollständig aufgegangen war, fuhren wir direkt in eine Nebelwand. Wir konnten kaum 50 Meter weit sehen und drosselten unser Tempo. Plötzlich begannen wir ziemlich zu holpern, was wir im ersten Moment auf die Straße schoben, die wir ja kaum sehen konnten. Dann merkten wir aber, dass es an etwas anderem liegen musste, also hielten wir an.
Das fehlte uns zur ganzen Aufregung noch: Unser Auto hatte einen Platten. Natürlich wieder vorne rechts, der angeschlagene Stoßdämpfer war schuld. Wir holten unser, in Kasachstan repariertes, Wechselrad vom Dach und ersetzten das eingedellte damit. Da dem Reifen ein bisschen Luft fehlte, ließen wir ihn im nächsten Dorf wieder aufpumpen. Dann konnten wir ohne Probleme weiterfahren, natürlich mit regelmäßigem Fahrerwechsel. Die Strecke bis nach Irkutsk änderte sich nicht wesentlich zum Vortag. Während links und rechts die Bäume und Wälder an uns vorbeirauschten, navigierten wir unseren Twingo wieder über gute bis sehr schlechte Straßen, also „Straßen“.
Es war schon dunkel, als wir in Irkutsk ankamen und wir wurden von einem Lichtermeer empfangen. Die Größe der Stadt konnten wir ganz gut erahnen, da wir über eine halbe Stunde fuhren, um vom Ortseingangsschild bis zu den ersten Häusern der Stadt zu kommen. Näher erkunden konnten wir Irkutsk allerdings nicht, da uns die Zeit im Nacken saß. Also begann die Suche nach dem richtigen Weg weiter Richtung Osten. Bis wir den gefunden hatten, verging wieder eine Stunde. Je weiter wir an den Stadtrand kamen, desto schlechter wurden die Straßen und unser Stoßdämpfer begann mal wieder beunruhigende Knackgeräusche von sich zu geben. An der nächsten Tankstelle besorgten wir uns einen Energydrink, der uns wenigstens noch ein Stückchen die Augen offen halten sollte. Tatsächlich hielt er uns vorerst wach und Marc schaffte es im Dunkeln über unbeleuchtete Bergstraßen und vorbei an einem mitten in der Kurve umgekippten LKW ein paar Kilometer weiter. Dann überkam uns schlagartig die Müdigkeit und wir stellten uns wieder auf einen Parkplatz. Leider leuchteten uns die Laternen direkt ins Auto, was uns eine noch unerholsamere Nacht versprach als die davor.
Entsprechend geplättet fühlten wir uns am nächsten Tag, als wir nach drei Stunden „Schlaf“ die Fahrt wieder aufnahmen. Weit kamen wir in diesem Zustand nicht, also stellten wir uns wenig später nochmal an den Straßenrand, nahe des Baikalsees, und schlossen für eine weitere Stunde die Augen. Halb 7 ging es dann wirklich los. Als die Straßen grad besonders gut waren und ich auf 80 kmh beschleunigen konnte, trat wieder dieses verdächtige Holpern ein. Sofort fuhr ich an den Rand, denn wie es klingt, wenn man einen Platten hatte, wussten wir mittlerweile nur zu gut. Nun wurde es eng, wir hatten nur noch einen Ersatzreifen, den wir noch dazu aus dem Kofferraum kramen mussten. Dafür wurde der Twingo natürlich erstmal leer geräumt. Im Wechseln waren wir geübt, also dauerte die gesamte Prozedur nicht zu lange.
In Ulan-Ude, der letzten großen Stadt vor der Grenze, ließen wir die beiden übrig gebliebenen Reifen flicken und mit einem Schlauch versehen. So hatten wir zumindest für den Notfall noch Ersatz. Wir hofften aber, dass wir nie auf diese beuligen, aufgeblasenen Reifen zurückgreifen mussten. 16:30 erreichten wir endlich die russische Grenze! Die letzten paar Kilometer Straße waren natürlich top: zweispurig, wie neu und wir hatten sie ganz für uns alleine… Bei den russischen GrenzwärterInnen (ja, dort liefen hauptsächlich Frauen rum) gaben wir uns besonders freundlich. Wir hatten ja immernoch Bammel wegen der „Migrationskarte“ – dem Zettel laut dem wir schon am Vortag ausreisen wollten. Letztendlich war jede Aufregung wieder völlig umsonst! (Wie so oft bei dieser Rally) Die Tante, der wir das Papier aushändigten, knallte ihren Stempel drauf und legte die Karte unbeeindruckt auf einen Stapel. Wir konnten endlich aufatmen – nach drei Tagen, in denen wir mehr als 3.000 Kilometer zurückgelegt und unglaublich wenig geschlafen hatten. (Von den Autoproblemen ganz zu schweigen)
Mit einer Ruhe fuhren wir also in den mongolischen Grenzbereich ein, wo schon zwei andere Teams auf ihre Einreise warteten. Uns blieb noch etwas über eine Stunde Zeit bis die Tore zur Mongolei geschlossen wurden. Die Tatsache, das eins der anderen Teams bereits zwei Tage im Niemandsland auf grünes Licht von Seiten der Beamten warteten, nahm uns dann doch wieder etwas den Wind aus den Segeln. Uns war schon bewusst, dass diese Grenze die anstrengendste sein würde, da uns immerhin ein Autoimport in die Mongolei bevor stand, trotzdem gaben wir die Hoffnung nicht auf, dass wir noch am selben Tag einreisen würden. Also waren wir natürlich besonders freundlich zu der Dame, die unseren Antrag bearbeiten musste. Zunächst zog sie mehrmals ein Gesicht, als hätte sie auf eine Zitrone gebissen. Sie versuchte uns weiszumachen, dass wir nicht über die Nordgrenze einreisen konnten, da wir uns im Vorfeld für die Westgrenze angemeldet hatten. Mit konstanter Freundlichkeit überzeugten wir sie dann aber doch, sich um den Papierkram für den Autoimport zu kümmern. Und siehe da, wir brachten auch die Weiterbearbeitung der anderen beiden Teams wieder ins Rollen. Dank uns verließen wir sogar an diesem Abend noch die Grenze! Während die eine Gruppe, welche sich aus einem Polen, einer Niederländerin und einem Schotten zusammensetze, direkt nach Ulaanbaatar düste (Ihr Flug ging in knapp 15 Stunden), schlossen wir uns mit dem Pärchen aus Kanada zusammen. Wir wollten es nun, nach viereinhalb Wochen endlich mal ruhig angehen lassen! Also suchten wir uns ein nettes Schlafplätzchen im Grünen. Das fanden wir nach einer Stunde Autofahrt in einem kleinen idyllischen Wäldchen. Dort bauten wir die Zelte auf und kochten uns ein nudeliges Abendbrot. Ein bisschen redeten wir noch mit den Kanadiern, welche die Mongol Rally übrigens zu ihren Flitterwochen machten. Da wir aber alle ziemlich müde waren, ging es bald ins Bett.
In der Nacht prasselte der Regen mächtig auf die Zelte, doch am nächsten Morgen lichtete sich der Himmel und wir konnten im Trockenen frühstücken. Zusammen mit dem Nissan Micra fuhren wir noch bis zur nächsten Stadt, um danach verschiedene Richtungen einzuschlagen. Während wir erstmal nach Süden Richtung Hauptstadt und von da aus in den mongolischen Westen wollten, entschied sich das Pärchen schon eher abzubiegen. Bevor wir uns allerdings wieder trennten, mussten wir noch zwei Mautstationen passieren und die ersten mongolischen төгрөг (sprich = “Tögrög“) abheben. Nachdem wir uns noch gemeinsam durch den unübersichtlichen Verkehr gekämpft hatten, fuhren Marc und ich wenig später wieder alleine. Es war echt schön hier in der Mongolei, die Straßen waren besser und die Landschaft viel grüner als erwartet. Und überall standen die Jurten, umringt von ihren Schaf- und Ziegenherden.
Wenig später war es dann soweit: Nach viereinhalb anstrengenden und unglaublich abenteuerlichen Wochen tauchte das Ortseingangsschild von Ulaanbaatar vor uns auf!!! Das Ziel, was wir die letzten Wochen immer vor Augen hatten. Das Ziel, was laut Statistik jedes Jahr nur 2/3 aller Mongol Rally Teams erreichten. Das Ziel, was uns eine drittel Weltumrundung von unserer Heimat trennt. Das Ziel, für welches wir uns auf eine unberechenbare und waghalsige Reise eingelassen hatten und das uns nun ein unbeschreibliches Gefühl von Sieg und Erleichterung bringen würde… Wären wir nicht in diesem Moment daran vorbei gefahren…
Klingt ein bisschen verrückt (ist es auch), aber wir wollten noch ein wenig von der Mongolei sehen, ehe wir uns an der Ziellinie ausruhen konnten. So ging es Richtung Westen, die Zieleinfahrt verschoben wir auf den übernächsten Tag. Wie wir erwartet hatten, kamen uns sogar ein paar Rally Autos, die sich die letzten Tage durch die Wüste Gobi gekämpft hatten, entgegen. Man begrüßte sich mit Hupkonzerten. Dann tauchte ein weiteres Auto vor uns auf, das uns sehr bekannt vorkam! Die beiden Niederländer Jan und Armand (vom Team Bonné+Jan) standen nun wieder vor uns, nachdem wir uns in Samarkand von ihnen verabschiedeten! Was für ein unglaubliches Wiedersehen, wir freuten uns riesig, dass sie es geschafft hatten – wenn auch mit Verzögerung (vier Tage Wartezeit an der Westgrenze) und den obligatorischen Stoßdämpfer-Problemen in der Wüste. Nichts desto trotz, auch ihr Auto hat sich wacker geschlagen und die zwei sahen ein bisschen gebeutelt, aber glücklich aus! Von ihnen erfuhren wir noch, dass eines der Autos vom schwedischen Team Venture den Geist aufgegeben hatte und sie nun zurücklagen. Dann trennten sich unsere Wege wieder, auf Jan wartete seine Familie, die schon vor zwei Tagen in UB gelandet war. Für uns bestand die nächste Mission wieder aus Schlafplatzsuche. Da ich etwas von der mongolischen Kultur erleben wollte, hielten wir nach Touristen-Jurten-Camps Ausschau. Bald fanden wir ein ziemlich verrostetes Schild, was eben dieses versprach und wir bogen in einen Feldweg ein. Sobald wir den Motor vom Twingo ausgemacht hatten, kam auch schon eine ältere Frau aus der schicken Behausung. Sie war sehr freundlich und als wir mit Handzeichen nach Schlafen und Essen fragten, zeigte sie uns die Stelle, an der wir unser Zelt aufschlagen durften und lud uns zu sich in die Jurte ein. Ich versuchte noch schnell die, am Anfang der Rallye gelesene Nomaden-Knigge ins Gedächtnis zurückzurufen, ehe wir der Gastgeberin folgten – Natürlich ohne auf die Türschwelle zu treten, wie es sich gehörte. Uns wurde auf der linken Seite der Jurte eine Sitzmöglichkeit angeboten, die rechte Zeltseite ist der Familie vorbehalten. Während die Frau uns Tee einschenkte und Gebäck auftischte, versuchte uns ihr betrunkener Mann etwas zu erklären und uns seine Pfeife anzubieten. Höflich lehnten wir ab, nur das gereichte Essen und Trinken, das sollte wenigstens gekostet werden. Die Kekse waren zwar trocken aber nicht schlecht. Der Tee etwas säuerlich, was aber garnicht so übel schmeckte. Aber dann wurde das Nationalgetränk Айраг (= Ayrag) gereicht. Die vorher schon gefürchtete fermentierte Stutenmilch wurde nun zum Mund geführt. Wir nippten beide kurz: Wie erwartet schmeckte sie… nicht sehr gut Eben wie vergorene Buttermilch. Schnell reichten wir die Teeschale weiter. Dann war es an der Zeit unser Zelt aufzubauen. Während wir die Schlafutensilien aus dem Auto kramten, tauchten immer mehr Familienmitglieder auf. Sie kamen aus den anderen Jurten, die in der Nähe, der eben besuchten Hauptjurte standen. Sofort waren ungefragt mindestens sechs weitere Hände am Werk und unser Zelt war in Nullkommanichts aufgebaut. Die Menschen waren sehr hilfsbereit, nur wussten wir nicht so recht, ob wir wirklich willkommen waren, aus ihren Gesichtern konnte man nicht viel ablesen. Nach dem Zeltaufbau lud man uns sofort in die nächste Jurte ein, wo es wieder Ayrag gab – Kurz genippt und weitergereicht… Außerdem bot man uns einen Snack an, der vom Aussehen her an Kekse erinnerte. Da ich mich auf was Süßes freute nahm ich ein Stück und biss genüsslich zu. Allerdings knabberte ich gerade an einem Etwas, das nach altem Parmesankäse schmeckte und dessen Geruch noch den ganzen Abend an meinen Händen kleben würde. Puh, damit hatte ich nicht gerechnet… Als Niemand hinguckte, stopfte ich das angebissen Stück schnell in meine Hosentasche. Da war Marc schon mutiger. Dann fingen ein paar der Familienmitglieder an zu singen, während ein anderer zu unseren Füßen ein Schaf in seine Einzelteile zerlegte. Da half nur ein kräftiges Durchatmen und weggucken. Wenig später gab es das Tier dann zum Abendbrot. Dafür erhitzte man Steine in einem kleinen Ofen, der vor der Jurte aufgebaut war. Die Fleischteile wurden in eine große Milchkanne geworfen, eine frische Zwiebel hinterher und die glühenden Steine oben drauf. Dann bruzelte das ganze für eine halbe Stunde in dem Ofen. In der Wartezeit hatten sich alle auf einer Decke im Freien versammelt. Wir saßen brav daneben und beobachten das ganze Treiben. Es war schon dunkel, als das Mahl serviert wurde, zu dem wir natürlich eingeladen waren. Die gegarten Fleischteile wurden in zwei großen Schüsseln in die Mitte der, aus 12 Leuten bestehende Runde gestellt. Die vielen Hunde gesellten sich auch dazu und warteten auf die Knochen. Etwas zaghaft suchten sich Marc und ich eine Keule (oder ähnliches) aus dem Topf und knabberten, wie die anderen, drauf los. Mäkelig durfte man in diesem Moment nicht sein: Das Fleisch war sehr fettig und der Geruch wollte nicht so recht aus unseren Nasen verschwinden. Am Ende wurden noch kleine Schalen mit dem übrigen Sud rumgereicht. Der war erstaunlich würzig und lecker und wir leerten sogar unsere Portion. Nach dem Essen blieben wir noch ein paar Minuten sitzen, lehnten höflich den mongolischen Wodka aus eigener Herstellung ab und lauschten dem Gesang der angeheiterten Gesellschaft. Mit diesen ganzen neuen Eindrücken zogen wir uns bald zur Nachtruhe zurück und waren ein bisschen froh, im eigenen Zelt schlafen zu können
Auch in dieser Nacht begann es wieder heftig zu regnen. Da wir aus diesem Grund nicht lange schlafen konnten, standen wir kurz vor 8 auf. Alle Mitglieder der Nomadenfamilie waren bereits auf den Beinen und jeder ging seiner Aufgabe nach. Wir packten unsere sieben Sachen und liefen hoch zu der Jurte, neben der wir zuvor unser Abendbrot aßen – Der Schafgeruch lag immernoch in der Luft. Das kann auch daran gelegen haben, das bereits das nächste geschlachtete im Zelt bearbeitet wurde. Ob es das wohl zum Frühstück gab? Wir hatten nicht vor, das herauszufinden und da wir eh bald weiterwollten, zückten wir das Portemonnaie, um unsere Beherbergung und die Verpflegung zu bezahlen. Unsere Gastgeber sahen uns verdutzt an und machten klar, dass sie keine Bezahlung erwarteten, geschweige denn wollten. Nun wurde uns klar, dass wir uns garnicht wirklich in einem Touristen-Camp befanden, sondern wir unser Zelt einfach neben das einer normalen Nomadenfamilie aufgeschlagen hatten. Das erklärte auch, dass sie uns immer nach Alkohol fragten – Das wäre die Bezahlung gewesen. Allerdings wollten wir ein gutes Werk tun und die Leute nicht noch betrunkener machen, als sie es schon waren. Deshalb gaben wir ihnen nur ein kasachisches Bier, mit dem sie aber auch zufrieden waren. Außerdem gabs Bonbons für die Kinder und zum Abschluss machten wir noch ein Foto, zu dem die halbe Familie zusammengetrommelt wurde. Als kleines Geschenk druckten wir es ihnen direkt mit unserem mitgebrachten Fotodrucker (mit dem wir auch unsere Postkarten gedruckt hatten) aus. Wir denken, dass sie sich darüber gefreut hatten – war doch viel besser als Alkohol
Dann fuhren wir im Regen davon. Wenig später hatten sich die grauen Wolken erstmal ausgeregnet und wir durften im Trockenen weiterfahren. Es ging immer noch nach Westen, unsere Landkarte versprach einige Sehenswürdigkeiten in dieser Richtung. Wieder entdeckten wir einige andere Teams, die ihrem langersehnten Ziel entgegenfuhren, während wir uns wieder davon entfernten. Plötzlich war auch wieder ein bekanntes Auto unter ihnen, nein es waren sogar zwei! Team Venture, unsere ersten Weggefährten kamen nun auf uns zu. Leider konnten wir sie, neben dem Hupen und aus dem Auto Winken, nicht persönlich begrüßen, was sehr schade war… Das lag daran, dass der defekte der beiden Skodas von dem anderen abgeschleppt wurde und die beiden Autos so nicht einfach anhalten konnten. Das hätte den Augenblick perfekt gemacht, aber immerhin wussten wir, dass sie die Rally auch gemeistert hatten! Hoffentlich schafften wir es auch und es war keine schlechte Entscheidung, diesen Umweg zu fahren, denn die Straße verwandelte sich plötzlich in eine Baustelle und wir mussten Offroad weiterfahren. Eine Zeit lang scheuchten wir unseren armen Twingo noch über Stock und Stein, bis wir dann zur Vernunft kamen. Es sollte nicht so sein, also hörten wir auf, den armen kleinen Vierrädler durch’s Gelände zu jagen. Nun durfte es tatsächlich zurück zum Ziel gehen, wir drehten um. Auf dem Weg dahin hielten wir an einem der Steinhaufen, die man schon vorher oft am Straßenrand gesehen hatte. Dabei handelte es sich um eine Art Götzenbild mit vielen Glücksbringern und blauen Tüchern. Geht man dreimal um dieses bunte Gebilde und wirft in jeder Runde einen Stein zu den anderen, dann sammelt man Glück. Leider lagen in dieser Gegend nicht viele einzelne Steine rum, aber wir versuchten uns trotzdem bestmöglich an diese Tradition zu halten. Wir waren nicht alleine da, neben uns wuselten auch jede Menge mongolische Wüstenrennmäuse um den Steinhaufen. Wir freuten uns sehr, unser Team-Maskottchen endlich live gesehen zu haben! Wenn das mal für die letzten Kilometer kein Glück bringen sollte! Und das brachten sie auch, denn wir erreichten wohlbehalten das Schild, welches uns auf die mongolische Hauptstadt hinwies und hinter dem nun wirklich das Ziel auf uns wartete…
Da dieser Blogeintrag aber schon wieder viel zu lang ist, werden wir ihn nochmal in 2 Teile zerpflücken. Den wirklich letzten Artikel zu unserem Abenteuer könnt ihr in den nächsten Tagen wie gewohnt hier lesen