Von Sibiu bis Russland


Nach dem Werkstattbesuch in Sibiu, Rumänien waren zwar unsere Portemonnaies um einiges leichter aber das Geräusch war endlich weg und der kleine Twingo schnurrte nun auch bei höheren Geschwindigkeiten sanft vor sich hin (wenn nicht gerade die eingeschaltete Klimaanlage herum klapperte). Nachdem die Männer der Werkstatt erst an dem rechten Vorderrad unseres Twingos rumwerkelten und hämmerten, stellten sie plötzlich fest, dass auch das linke Radlager defekt sei. Naja, wir vertrauten den Fachmännern und ließen sie machen. Der ganze Spaß kostete und knapp 200€ und wir gingen im Nachhinein davon aus, dass sie uns mit der Reparatur ein wenig über’s Ohr gehauen haben. Aber uns konnte man ja leider alles erzählen und so mussten wir da durch. Damit war unser geplantes Geld für entstehende Autoreparaturen mit einem Mal so ziemlich aufgebraucht…
Immerhin konnten wir nun endlich weiterreisen, mittlerweile war es schon Mittag und ein Stückchen unserer Strecke wollten wir an diesem Tag noch schaffen. Uns stand sogar ein Highlight unserer Mongol Rally Route bevor und zwar die Überquerung der Transfagarasan. Dabei handelt es sich mit einem Höhepunkt von ca. 2000 Metern um die höchste Straße Rumäniens. Ohne Probleme schraubte sich der kleine Twingo die Berge hoch und räumte somit jegliche Zweifel an seiner Leistung aus dem Weg. Mit der GoPro auf das Dach gestöpselt genossen wir die atemberaubenden Aussichten und meisterten die kurvige Gebirgsstraße ohne ständig von nervigen LKW‘s belästigt zu werden. Außerdem trafen wir bei unserer Überfahrt sogar auf weitere Mongol Rally Teams, denen wir natürlich wieder zuhupten und -winkten.
Insgesamt brauchten wir für die 300 Kilometer lange Tagesroute immerhin 7 Stunden, die Fahrt an sich blieb aber im Gegensatz zum Tag vorher ziemlich entspannt.
Mit Entspannung war in der Innenstadt von Bukarest schluss, da wir scheinbar mitten in der Rush Hour landeten. – Wobei wir die Rumänen ja sowieso als chaotische Autofahrer kennengelernt haben, aber hier zeigten sie sich nochmal von ihrer „besten“ Seite. Laura kämpfte sich unter Anleitung von Marc über die Straßen der rumänischen Hauptstadt. Zwischen vier Spuren, die auch gerne mal von sechs nebeneinander fahrenden Autos genutzt wurde, wechselnd und im Slalom um halb auf der Straße parkende Autos schafften wir es schließlich zum Hotel. Wir konnten uns an der zentralen Lage mit Zimmerblick auf das größte Gebäude Europas, nämlich der ehemalige Präsidentenpalast, erfreuen.
Neben uns hatten auch noch drei weitere Mongol Rally Teams im Hotel eingecheckt, unschwer an den bunten Autos auf dem Parklatz zu erkennen. Da wir an diesem Donnerstag Abend nicht zu spät unser Tagesziel erreichten, es war erst halb8, blieb uns noch genug Zeit, eine Runde durch Bukarest zu drehen. Besonders beeindruckte uns natürlich der überdimensionale Palast, aber auch der angrenzende Park, die perfekte (Planstadt-typische) Symmetrie um den Stadtkern und die wundervolle Innenstadt mit den vielen Menschen und schönen Gebäuden gefiel uns sehr. In den Fußgängerpassagen hielt wir dann nach einem Restaurant Ausschau, welches landestypische Speisen anbot. Die Suche gestalte sich als sehr kompliziert, da wir neben deutschen „Würstelbuden“ (wobei jede Wurstsorte, in Form eines Hot Dogs verabreicht wurde) und einer „Oktoberfest“-Gaststube, auf den ersten Blick nur Sushibars und viele Italiener zu geben schien. Es wurde dunkler und das Loch im Magen immer größer aber endlich fanden wir ein Restauratn, das rumänische Spezialitäten versprach. In der überreichten Speisekarte war dann wieder nichts davon zu finden. Erst nachdem ich bei der Kellnerin nachfragte, wurden mir drei regionale Gerichte aufgezählt. Ich entschied mich für in Weinblättern gewickeltes Hackfleisch (ähnlich wie Mini Krautrouladen) mit Polenta (Maisbrei, von der Konsistenz her Thüringer Klößen sehr ähnlich). Wir beide bekamen zwar keine riesigen Portionen, aber lecker war es allemal!
Nach dem Essen ging es wieder vorbei an dem gewaltigen Bauwerk, an dessen Eingängen überall wachsame Guards standen, zurück ins Hotel.
Für den nächsten morgen hatten wir zunächst ein großes ziel gesetzt: Einkaufen. Unsere sowieso schon spärliche Trinkwasser-Ausstattung neigte sich bedrohlich dem Ende. Da es aber Tag für Tag wärmer zu werden schien, mussten wir schnell für Nachschub sorgen. Nun standen wir nur noch vor einer grundlegenden Entscheidung: Wollten wir zu Penny, Lidl oder Kaufland gehen? Wir entschieden uns für das gute alte Kaufland. Als Snack für den Tag landeten noch sehr leckere Sandwich-Kekse mit Schokoladen- und Zitronengschmack im Einkaufswagen. Anschließend fuhren wir weiter gen Osten auf die grenze Moldaus zu.

Um Rumänien in wenigen Worten zusammenzufassen, stachen besonders folgende Merkmale heraus: Sonnenblumen, Melonen am Straßenrand, (sehr) ungeduldige Autofahrer, streunende Hunde und viele kleine Dörfer mit einer armen Bevölkerung. n Wobei, wenn wir jetzt in Russland darüber nachdachten, trafen die Dinge genauso auf die Republik Moldau, Ukraine und teilweise auch hier auf Russland zu…
An dem Grenzübergang nach Moldau erfuhren wir zum ersten Mal auf unserer Tour, was es heißt von A nach B, unwissend am Rand stehen gelassen und letztendlich wieder zurück zu Schalter A geschickt zu werden. Wobei der gesamte Landeswechsel mit etwa einer Stunde wohl noch der einfachste und schnellste bleiben würde… Mal sehen, was uns bei den nächsten Grenzen erwartete. Mit der Einreise in die moldawische Republik verließen wir die Europäische Union.
Die Hauptstraße, welche uns nach Chisinau führen sollte war sehr schön zu befahren und führte durch die weite Landschaft des neuen Landes. Nur die besagte Hauptstadt raubte uns wieder die letzten Nerve: Dank schlechter, bis gar keiner Beschilderung, irrten wir unbeholfen durch die Stadt, was uns wieder zwei Stunden kosten sollte. Irgendwann fragten wir einen etwas ungemütlich aussehenden Typen, der zunächst nur unfreundlich mit dem Kopf schüttelte, als ich ihn um Hilfe bat, dann aber doch in eine Richtung zeigte, als er sah, wie verzweifelt wir auf unsere Karte starrten. Als wir nach einer weiteren Odyssee immer noch nicht genau wussten wohin und schon zum mindestens dritten Mal bei dem selben Kreisverkehr landeten, kramten wir entnervt den Kompass aus der Tasche. Ich kam mir dann schon ein bisschen verarscht vor, als er mir ständig versuchte weiszumachen, dass wir nach Westen fuhren (egal, welche Richtung wir einschlugen… – ich war wohl auch einfach zu blöd das Ding richtig zu halten :P ) Letztendlich schafften wir es dann dank unseres GPS-Helfers namens Garmin aus dieser wirren Stadt, die nun keinen wirklich positiven Eindruck bei uns hinterlassen konnte.
Nun hatten wir schon wieder viel Zeit verplämpert, die Uhr zeigte schon wieder 18:00. Trotzdem wollten wir es an diesem Tag noch bis zum etwa 200 Kilometer entfernten Odessa schaffen und fuhren nach Tiraspol, um dort die Grenze zur Ukraine zu überqueren. Kurz vor der besagten Stadt mussten wir an einem Grenzposten anhalten. Ein Wachmann erklärte uns mit gebrochenem Englisch, dass es nicht so empfehlenswert wäre, weiter in diese Richtung zu fahren. Hinter dieser Grenze befand sich nämlich autonomes Gebiet. In Moldawien gibt es eine Minderheit, die zur Ukraine gehören will und daher die Moldawische Regierung nicht akzeptiert. Somit hätte es und nicht nur eine zusätzliche Einreisegebühr gekostet, sondern sicher auch ein paar Bestechungsgelder an die Autonomen. Da es nun doch schon recht spät geworden war, kehrten wir also, etwa 20 Kilometer vor der ukrainischen Grenze entfernt, wieder um. Die Zeit rannte uns regelrecht davon und wir hatten eigentlich nicht vor, im Dunklen zu fahren. Wir riskierten es aber trotzdem und fragten an mehreren Tankstellen die hilfsbereiten Leute nach dem Weg zu einem alternativen Grenzübergang. Die Kommunikation wurde immer schwieriger, doch wir schafften es uns mit Russisch-Fetzen, sowie Händen und Füßen zu verständigen. Erst gegen 22:00 erreichten wir die Grenze, die wir eine Stunde später fertig passiert hatten. Mittlerweile war es natürlich dunkel und das erste, was uns in der Ukraine begegnete waren unheimlich schlechte Straßen! Also so richtig schlecht mit tiefen, großen Schlaglöchern (Kratern) und Huckeln (Berge), die mindestens zwei mal an unserem Twingo-Unterboden kratzten. :( Die Straßen waren ein deutlicher Beweis, dass wir uns nicht mehr in der Europäischen Union befanden. Nicht nur, dass Marc schweißgebadet in einem Wechseln von Gasgeben, Bremsen und Ausweichen über die „Autobahn” ruderte, auch die ständigen Checkpoints, die wir passieren mussten, da wir uns immernoch in der Grenzregion befanden, kostete uns einige Nerven. In der Ukraine schimpften wir noch oft über miese Straßen, aber die allerschscheußlichste mussten wir natürlich im Dunkeln überqueren! Kein Wunder also, dass wir dann gegen 1:00 im erstbesten Hotel in Odessa eincheckten… (Natürlich war diese Übernachtung die bisher teuerste und schlechteste)

Als wir am Samstag Morgen das Hotel verließen, trafen wir auf Daniel und Manuel vom Team Baatar or Broke, die zufällig die in der selben Unterkunft übernachtet hatten. Das ist schon unglaublich, bekannte Gesichter nach bereits mehreren tausend gefahrenen Kilometern wiederzusehen. :) Wir quatschten noch ein wenig, aber dann mussten die Jungs schon wieder weiter. Wir wollten wenigstens noch ein bisschen was von Odessa gesehen haben. Wir liefen also durch diese schöne Stadt, hatten aber leider nicht zu viel Zeit sie genauer zu erkunden.
Insgesamt war das auch unser bisher größtes Problem im Laufe der Mongol Rally – uns blieb kaum Zeit zum Besichtigen der Städte. Immer kommt uns was in die Quere, entweder Staus, Werkstattaufenthalte (es bleibt hoffentlich erstmal bei dem einen) oder zeitaufwendige Grenzüberquerungen. Auch an diesem Tag wollten wir noch einige Kilometer hinter uns bringen und möglichst nah an die russische Grenze kommen, da am darauf folgenden Tag unser russisches Visum gültig wurde. Aber die Straßen waren an diesem Tag besser und wir kamen gut voran. Gegen 19 Uhr entschieden wir, unsere Fahrt an diesem Tag in einem Ort namens Berdjansk enden zu lassen. Ein Hotel fanden wir dank eines netten älteren Ukrainers, mit dem wir uns in einem Deutsch-Russisch-Kauderwelsch eigentlich recht gut verständigen konnten. Ich muss schon sagen, je mehr ich mich wieder damit beschäftige fallen mir nach und nach wieder ein paar nützliche russische Vokabeln ein. (Danke an Frau Fischer und Frau Dietrich, meine Russischlehrerinnen ^^) Ich versteh zwar trotzdem nicht viel von meinem Gegenüber, aber immerhin kommen mir ab und an Wörter bekannt vor… Das ist doch schon mal was! Außerdem ist es ganz nützlich die Straßenschilder in kyrillischer Schrift entziffern zu können. :)
In der Stadt Berdjansk fand gerade ein Volksfest statt und wir mischten uns unter die vielen Menschen und schlenderten über den Rummel mit teilweise skurrilen Attraktionen (unter anderem ein riesiger Greifvogel angekettet in den Menschenmassen, der sich sichtlich unwohl fühlte) Eigentlich hatten wir geplant, im Schwarzen Meer baden zu gehen, aber leider gab es an dieser Stelle keinen Strand, der kräftige Wind verwandelte das Meer in ein tosendes Ungetüm und gleich nebenan lag ein Industriehafen, aus dem schwarze Wolken empor stiegen. Also liefen wir weiter über das Volksfest und gönnten uns zum Abendbrot eine Art ukrainischer Dürüm mit fantastischer Knoblauchsoße!

Am nächsten Morgen ging es gleich wieder zum Auto, dass wir am Vorabend auf einem Parkplatz nahe des Hotels abgestellt hatten. Schon von weiten sahen wir, dass unser armer Twingo etwas schief stand. Von Nahem wurde es leider nicht besser: Jemand hatte uns über Nacht zwei unserer Reifen mit einem Messer zerstochen. Nach dem ersten Schock leerten wir schließlich unseren Kofferraum, um an den Wagenheber zu kommen. Plötzlich stand neben uns ein Taxifahrer, der uns helfen wollte. Mit Zeichensprache übernahm er den Reifenwechsel und erklärte uns, dass ihm selbst erst 4 Reifen zerstochen wurden. So büßten wir also viel zu früh unsere beiden Ersatzreifen ein, wobei wir natürlich Glück im Unglück hatten, dass die Übeltäter nicht noch mehr Platten verursacht hatten… Nachdem der Twingo wieder gerade stand, die kaputten Reifen auf dem Dachgepäckträger verstaut worden und der Kofferraum wieder eingeräumt war, wollten wir so schnell wie möglich aus der Ukraine raus. Nach ca. einer Stunde erreichten wir die russische Grenze. Wieder quälten wir uns mit unzähligen Formularen und Passport-Kontrollen herum und wurden von ein paar russischen Grenzwärtern belächelt – „Aha! Mongol Rally”. Nach zwei stündiger Bürokratie durften wir endlich in Russland einreisen. Unsere erste Station war Rostov-am-Don, von wo aus es weiter nach Wolgograd gehen sollte. Zu unserem Glück gerieten wir auf dem Weg dahin wieder einmal in einen Stau und mit Blick auf die Karte wurde irgendwann klar, dass wir auch dieses Tagesziel nicht im Hellen erreichen konnten – Mittlerweile büßten wir ja dank Zeitverschiebung schon zwei Stunden ein. Wir hielten also Ausschau nach einem Campingplatz oder Hotel. Gegen 21:00 stießen wir auf eine kleine Bungalow Siedlung und nach Verhandlung über die Bezahlung, US-Dollar will hier keiner haben, fuhr Marc mit dem Besitzer zur nächst gelegenen Bank und holte Rubel. Zwar war die Kommunikation mit den Besitzern des Motels nicht die beste, aber Laura kramte wieder alles hängengebliebe ihres Schul-Russischs aus dem Gedächtnis und so ging es einigermaßen. Als wir uns dann noch auf Empfehlung der netten Motel-Chefin ins Café setzten, bekamen wir jeweils einen Kaffee nach armenischer Art (etwas süßlich, mit sehr dickem Bodensatz aus winzigen Tässchen) und ein Gebäck aufs Haus. Außerdem brachte uns der Besuch dieses kleinen Café‘s / Bistro‘s am Straßenrand der E40 (ja, da ist sie wieder) die Bekanntschaft mit einigen jungen Russen und Armeniern ein. Einer von ihnen konnte auch etwas deutsch und so wechselten wir ein paar Worte abwechselnd in die Übersetzungsapp seines Smartphones blickend und wir nebenbei im Wörterbuch blätternd. Dann gönnten wir uns noch eine deftige Borschtsch (Rote Beete Suppe mit Kohl und Kartoffeln) und verkrümelten uns anschließend ins Bett.

Angeblich haben es 2 Teams, die in England gestartet sind, nicht einmal nach Tschechien geschafft. Team Chiimori aus der Schweiz hat bereits Probleme mit dem Auspuff und Baatar or Broke musste wegen dem selben unnützen Gegenstand in die Werkstatt. Wir haben nun mit den Reifen bereits das zweite Problem und wissen noch nicht so richtig wie wir damit umgehen. Wobei unser kleiner Twingo trotz der ganzen Strapazen nach wie vor super läuft! Mal schauen wie weit wir kommen, aber wenn wir es bis nach Kasachstan schaffen, haben wir wenigstens Marcs minimal Ziel erreicht.

Und nicht zu vergessen: Wir sind mittlerweile beim zweiten, der von Audible zur Verfügung gestellten Hörbüchern. Beim ersten ging es um einen 15 Jährigen Jungen, der mit seinem russischen Freund (wie passend, da wir uns ja selbst gerade in diesem Land befinden) in einem Lada auf Reisen geht und so einige skurrile Dinge erlebt. Das Hörbuch mit dem Titel Tschick war ganz gut und wir können es auf jeden Fall weiterempfehlen. Laura freute sich auch über den Leser Hanno Koffler, ein deutscher Schauspieler, der unter anderem in dem Film Sommersturm mitgespielt hat :) Unser derzeitiges Hörbuch, was uns durch Russland begleitet, ist eher ein Klassiker – Per Anhalter durch die Galaxis, gelesen von Christian Ulmen. Ob es einen Grund hat, dass in beiden Hörbüchern bisher die Mongolei erwähnt wurde??

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